Geburtsstunde der gjb
Mitte der 90er Jahre war eine wirtschaftlich schwierige Zeit für die Menschen in der Bundesrepublik. Insbesondere war der Arbeitsmarkt sehr angespannt. Die Zahl der Arbeitslosen war hoch. Außerdem gab es eine hohe Zahl von jugendlichen Arbeitslosen, Jugendliche ohne Ausbildungsplatz – mit und ohne Migrationshintergrund.
Für Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchten, gab es natürlich auch Angebote, z.B.
- Qualifizierungsangebote der Bundesanstalt für Arbeit
- Oder Angebote der lokalen Beschäftigungsgesellschaft „Werkstatt Frankfurt“
Die Stadt Frankfurt förderte aus eigenen Mitteln die lokalen Beschäftigungsmöglichkeiten mit zweistelligen Millionensummen. Doch alle Bemühungen hatten einen entscheidenden Nachteil:
Sie waren nicht zielgenau. Die Angebote waren nicht auf die vielen Probleme bezogen, die ein größerer Teil von Jugendlichen –vor allem aus sozial problematischen Quartieren- mitbrachte. Vor allem nahmen fast alle Angebote individuelle Schwächen nicht auf. Und die gab es bei einem Teil der Jugendlichen geballt:
- Nicht genügend Deutschkenntnisse, ohne oder mit deutscher Staatsangehörigkeit
- Probleme in Familien
- Schulden
- Strafverfahren
- Drogen, Alkohol
- Entwöhnung von geregelten Tagesabläufen
- Nichterscheinen am Arbeitsplatz, Ausbildungsplatz oder in Qualifizierungsmaßnahmen
- Ständige Verspätungen usw.
Bei den allermeisten Angeboten –gerade für Jugendliche- fehlten für die sehr unterschiedlichen Problemlagen der Jugendlichen sehr individuelle Angebote.
Für mich als damaligen, verantwortlichen Sozial- und Jugenddezernenten der Stadt Frankfurt gab es aus dieser Situation nur einen Ausweg: wir brauchten eine kleine, leistungsfähige Organisation, die mehrere Dinge konnte:
- persönliche, sehr unterschiedliche Schwächen bei jedem einzelnen Jugendlichen aufzunehmen und zu bearbeiten. Heute würde man dazu sagen: ein sehr individuelles Coaching in besonders prekären Lebenssituationen
- Gute Kontakte in die lokale, mittelständige Wirtschaft
- Konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten, damit sich die Jugendlichen in konkreter Arbeit und nicht in teilweise abstrakten, kursartigen Angeboten beweisen konnten
Diese Ansprüche bedeuteten:
- Sehr viel konkrete Arbeit direkt mit den Jugendlichen
- Enge Betreuung, Aufbau von Vertrauensverhältnissen
- Viele Konflikte
- Viel Verständnis für die Probleme von den kleineren Betrieben
Dabei wurde schnell klar:
- Es brauchte eine neue kleine, leistungsfähige Beschäftigungsgesellschaft.
- Die Finanzierung konnte nicht üppig sein.
- Es wurden erfahrene Betreuer gebraucht.
Ich fand eine hochqualifizierte Geschäftsführung: die Herren Meier und Schrank machten das nebenamtlich, zusätzlich zu ihrer Tätigkeit bei anderen städtischen Gesellschaften.
Allen war das Wagnis dieser Konstruktion klar. Es würde Erfolge und Misserfolge geben, wobei die Erfolge vor Allem durch den großen Einsatz der Mitarbeiter:innen überwogen.Das war der Ursprung der heutigen gjb. Dass es sie auch nach 25 –sehr wechselvollen- Jahren noch gibt, macht mich stolz und froh.
Joachim Vandreike
Bürgermeister a.D. der Stadt Frankfurt am Main